Gestern Abend....
ich saß in Gedanken versunken auf dem Korkfussboden meines kleinen Naehzimmers und befestigte noch rasch eine Federboa an dem Elsakleid meiner 4 Jahre alten und vorpubertaeren Tochter, die bereits gefuehlt stundenlang durchs Haus tanzte und dabei sang:"Ich bin freiiiiiiiiii...", als nichts ahnend mein Mann noch gutgelaunt meinen heiligen Naehsaal betrat.
Mit unserem sabbernden 9 Monate alten und zahnenden Sohn auf dem Arm wolle er mich mal besuchen, sagte er bestimmt. Meine Tochter begleitete diesen Besuch gesanglich geradezu passend mit den Worten:"...ein einsames Koenigreich und ich bin die Koenigin...."
Der unangekuendigte Besuch meines Goettergatten an sich haette
mich bereits aufhorchen lassen sollen. Aber nein. Frau hat zu tun. Frau ist
Mutter. Und so verschoenerte ich selbstverstaendlich als selbstlos liebende
Mutter, wie tausend andere Muetter wahrscheinlich auch, noch in der Nacht vor
dem großen Auftritt im Kindergarten das Karnevalskostuem meiner Prinzessin, damit
sie die Schoenste an dem Tag der Narrenfreiheit ist. Das erforderte natuerlich
meine hoechste Konzentration. Und so bemerkte ich auch nicht, dass mein Mann
genauso "frei" kurzerhand an mir vorbei starkste, direkt in die
Abteilung "Stofflager". Dort verharrte er, als waere sein
"Olaf-Kostuem" in wenigen Sekunden fertig. Zuerst sah er sich noch
stillschweigend die drei Ikearegale in meiner Zimmerecke mit Waldblickfenster
an. Als haette ich es geahnt, allerdings bereits zu spaet, schoss mir durch den
Kopf: <<Lass sie nicht rein, lass sie nicht seh'n,
wie du bist, nein, das darf niemals gescheh'n<<
Ich wunderte mich bereits schon ueber die Laenge des
Besuches, da vernahm ich auch schon schwach die Zaehlung meines Mannes im
Hintergrund. Mein Kreativbereich der linken Hirnhaelfte spulte nur noch leise
den Textauszug ab: >> Du darfst nichts fuehl'n,
zeig' ihnen nicht dein wahres Ich.>>Aus der
360Grad-Blick-Funktion einer Mutter heraus, konnte ich beobachten, dass er es
tatsaechlich schon fast multitaskingfaehig schaffte, unseren sabbernden Sohn
davon abzuhalten, meine wenigen wertvollen Stoffe im Regal mit seinen voll geschleimten
Patschehaendchen zu betatschen.
Nun stuermte auch meine kleine Tyrannentochter zum x-ten
Male in mein Reich und erfragte kreischend ein weiteres unnötiges Mal, ob ich
jetzt endlich fertig sei. Mit der Naehnadel zwischen den Zaehnen verneinte ich
kopfschuettelnd ihre zarte Anfrage und wurde liebevoll mit einem "Boaaaah!
Wann denn?" verabschiedet. Da glitt sie hin, die Koenigin ELSA in
Kleinformat und stampfte singend Richtung Fernseher über den Flur und
hauchte dabei in zarten 74 Dezibel <<und ich fuehl mich wie
neugeboren>>.
Ich nicht, dachte ich noch einen Augenblick, da ging es auch
munter weiter.
Ich haette es ahnen muessen, jetzt kam auch mein Mann mal zu
Wort und das hatte in der Regel schon was zu bedeuten. Der sonst eher
verschlossene und in sich ruhende Ehegatte hatte die Pose eines griechischen
Diskuswerfers eingenommen, dessen Aufprall auf dem sandigen Boden des
Kolloseums kaum noch zu verhindern schien. In dem linken Arm unseren
grabbelnden und sabbernden Sohn mit 13kg, dessen Speichelfluss sich langsam in
langen Faeden meinem Korkboden naeherte, waehrend seine kurzen Aermchen immer
noch nach meinen wohl gefalteten und farblich sortierten Stoeffchen angelten,
zog meine griechische Gottheit mit der rechten Hand einen meiner kostbarsten
Schaetze, ein schwer erkaempfter "Paulistoff" in kackgelb ganz unten
liegend, ungefragt aus meinem heiligen Regal. Um das Gleichgewicht zu halten,
streckte er sein linkes Bein in Richtung meines pinken Ikeastuhles aus und
erhoffte sich wahrscheinlich in diesem Moment unfallfrei wieder in eine
Adonishaltung zurueck zu gelangen. Schwer stoehnend gelang ihm dies auch.
Allerdings musste er sich dabei an dem Regalrand festklammern und Zentimeter
fuer Zentimeter nach oben kaempfen. Wohlgemerkt mit dem Paulistoff zwischen den
Fingern eingeklemmt. Kritisch beaeugte ich sein kunstvolles Turnen an meinem
Regal und sah Ansaetze einer Karriere als Gogo-Girl. In Gedanken entwarf
ich bereits ein glitzerndes Turnkostuemchen in Gruentoenen. Das breite Grinsen
in meinem Gesicht sollte mir rasch vergehen. Aus dem Kinderzimmer hallte
noch:>> Ich lass los, lass jetzt los, die Kraft, sie ist
grenzenlos.>>
Da stand er nun vor mir, die maennliche 120 Kilo-Gottheit ,
mit knallrotem Kopf und sabbernden Kleinkind auf dem Arm und betrachtete schnaufend
das erkaempfte Diebesgut genauer. Ich ahnte schon, dass mein Mann sich wohl
weniger für die Falttechnik interessierte, als für die tatsaechlichen Maße.
Warum auch. Vielleicht haetten die sauberen Handtuchberge im Trockner davon ja
auch langfristig profitieren koennen. Weit gefehlt.
Und so kam es kurzerhand zu dem Satz: "Sag mal....das
sind ja...ich hab das mal ueberschlagen....40...60...80..., oeh.200
Stoffe?" Es folgte noch ein kurzer Aufschrei meines Gatten und als haette
mein sabbernder Sohn auch schon eine Meinung dazu, stieß mein Mann noch Laute
aus, die klangen als haette er gesagt:"....und ach, guck mal einer an, die
Mama, da hat sie unterm Tisch auch noch einen kleinen Stapel stehen...".
Etwas verwirrt ueber das voellig unangebrachte Interesse meines Mannes, sang
ich nun auch schon leise vor mir her:<<Es ist schon eigenartig, wie klein
jetzt alles scheint...>> Die weitere Entwicklung lies sich im Folgenden
nicht aufhalten und so kam es auch gleich folgerichtig zu der Ehegattenfrage:
"was kostet so ein Stueck Stoff eigentlich?" Dabei ging seine Stimme
am Ende des Satzes leicht nach oben und ich dachte: Gott bewahre, hoffentlich
faengt er jetzt nicht auch noch an zu singen. Nicht noetig. Das uebernahm
bereits erneut meine Kleinste in lieblichstem Gesang mit den Worten:<<Es
ist Zeit, nun bin ich bereit! Und ein Sturm zieht auf...>>
Wie passend dachte ich und vermeldete meinem Mann, innerlich
durch den Refrain meiner Tochter gestaerkt: "20Euro, im Schnitt, pro
Meter!"
Es war ein guter Augenblick in den Gesang meiner Tochter
einzusteigen, um sie in ihrem Selbstbewusstsein zu staerken und so sang ich
lautstark mit ihr, den Arm hoch erhoben, die Faust siegessicher empor
gestreckt:<<Mich zu kontrollier'n, ich hab' es versucht.>> und versuchte
dabei meinem Mann gegenueber ein Verstaendnis abringendes Gesicht auf zu setzen.
"Bist du jetzt endlich mit meinem ELSA-Kostuem fertig", klang es
zeternd aus dem Muendchen meiner Tochter. Es war wie das Geraeusch einer Gabel,
die auf einem Porzellanteller entlang kratzte und ich sah aus 2 Metern
Entfernung die Gaensehaut auf dem Arm meines kreidebleichen Mannes. Und zum
ersten Mal in seinem Vaterdasein konnte auch er sich ploetzlich an einen Satz
aus dem Lied der Eiskoenigin erinnern und es klang als wenn er saenge:<<Der
Wind, er heult so wie der Sturm ganz tief in mir. >>Diesen riskanten
Augenblick machte ich mir zu nutzen und rief: "Elsaaaa, feeeertig".
Zum Glueck kam ELSA auch gleich angerannt und zog sich singend
um. Unsere Drittgeborene erstrahlte in vollem Glanze, nahm ihren Papi an die
Hand, der noch von den hochgerechneten Tatsachen betaeubt vor dem Regal stand
und zog ihn hinter sich her, damit er ihr half, ihre Krone zu suchen. Dabei
sang sie freudestrahlend <<Was ich wohl alles machen kann, die Kraft
in mir treibt mich voran>>
Das dachte ich mir auch und sang ihr winkend hinterher:
<<und ich schlag' die Türen zu>>
Einen Moment der Stille dachte ich darueber nach, wie
wichtig es war Kinder zu haben und wie der Begriff
"Ehegattensplitting" entstanden sein konnte. Dabei vernahm ich noch
im Hintergrund das Lied aus dem Fernseher, welches wahrheitsgemäß über den Flur
dahin floss:<< Was hinter mir liegt, ist vorbei. >> richtig,
dachte ich, doch wie es in einer harmonischen Ehe so ist, hat der Mann das
letzte Wort und so ertoente noch kurz vor dem Verschwinden in dem toechterlichen
Chaoszimmer aus dem Erdgeschoss die Stimme meines Mannes die Treppe hoch: "Ach
ja Schatz, hier steht noch irgend so ein Paket im Flur von "Waldstuermer"....was
ist denn das?!" Und ich denke: <<Ich bin freiiii>>>
In eigener Sache: Folgt mir doch auf Twitter unter "Melanie Ronde" und abonniert meinen Blog. Danke!
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Pruuuuust. Ich habe das Ende schon geahnt! Die Eiskönigin und deren Lied kenne ich zwar nicht. Aber die kritischen Blicke. Mein Mann fragt zum Glück nie nach dem Preis. Und wenn er mal was sagt von wegen teuer und so, entgegne ich immer, dass dies mein Hobby ist und ich auch nicht seinen Weinkeller nach Anzahl Flaschen und Preis frage....
AntwortenLöschenSchön, auf Deinen Blog gefunden zu haben!
Alles Gute
Lieber Gruss, Sabine
Vielen Dank liebe Sabine, mein neuer Blog braucht noch etwas Zuspruch. Du bist die erste Kommentatorin. Danke dafür
LöschenErste Kommentatorin, das ist ja schon mal was und freut mich natürlich! Ich warte also gespannt auf Deinen nächsten Beitrag.... weiter so und vielen Dank!
LöschenLieber Gruss, Sabine
Herrlich... ich hab mir das echt bildlich vorstellen können... ich kann nich mehr vor lachen ... mach weiter so !!!!
AntwortenLöschenLG Bella
Danke Bella. Text 3 ist in Vorbereitung. Erscheint vorauss. 1.Märzwoche...
LöschenWieder so schön geschrieben! Ich sehe deinen Mann im grünen Tüte gerade vor mir...
AntwortenLöschenLG
Karin