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Donnerstag, 12. Februar 2015

Mein "freier" Abend


Gestern Abend....
ich saß in Gedanken versunken auf dem Korkfussboden meines kleinen Naehzimmers und befestigte noch rasch eine Federboa an dem Elsakleid meiner 4 Jahre alten und vorpubertaeren Tochter, die bereits gefuehlt stundenlang durchs Haus tanzte und dabei sang:"Ich bin freiiiiiiiiii...", als nichts ahnend mein Mann noch gutgelaunt meinen heiligen Naehsaal betrat.



Mit unserem sabbernden 9 Monate alten und zahnenden Sohn auf dem Arm wolle er mich mal besuchen, sagte er bestimmt. Meine Tochter begleitete diesen Besuch gesanglich geradezu passend mit den Worten:"...ein einsames Koenigreich und ich bin die Koenigin...."
Der unangekuendigte Besuch meines Goettergatten an sich haette mich bereits aufhorchen lassen sollen. Aber nein. Frau hat zu tun. Frau ist Mutter. Und so verschoenerte ich selbstverstaendlich als selbstlos liebende Mutter, wie tausend andere Muetter wahrscheinlich auch, noch in der Nacht vor dem großen Auftritt im Kindergarten das Karnevalskostuem meiner Prinzessin, damit sie die Schoenste an dem Tag der Narrenfreiheit ist. Das erforderte natuerlich meine hoechste Konzentration. Und so bemerkte ich auch nicht, dass mein Mann genauso "frei" kurzerhand an mir vorbei starkste, direkt in die Abteilung "Stofflager". Dort verharrte er, als waere sein "Olaf-Kostuem" in wenigen Sekunden fertig. Zuerst sah er sich noch stillschweigend die drei Ikearegale in meiner Zimmerecke mit Waldblickfenster an. Als haette ich es geahnt, allerdings bereits zu spaet, schoss mir durch den Kopf: <<Lass sie nicht rein, lass sie nicht seh'n, 
wie du bist, nein, das darf niemals gescheh'n<< 
Ich wunderte mich bereits schon ueber die Laenge des Besuches, da vernahm ich auch schon schwach die Zaehlung meines Mannes im Hintergrund. Mein Kreativbereich der linken Hirnhaelfte spulte nur noch leise den Textauszug ab: >> Du darfst nichts fuehl'n, 
zeig' ihnen nicht dein wahres Ich.>>Aus der 360Grad-Blick-Funktion einer Mutter heraus, konnte ich beobachten, dass er es tatsaechlich schon fast multitaskingfaehig schaffte, unseren sabbernden Sohn davon abzuhalten, meine wenigen wertvollen Stoffe im Regal mit seinen voll geschleimten Patschehaendchen zu betatschen. 
Nun stuermte auch meine kleine Tyrannentochter zum x-ten Male in mein Reich und erfragte kreischend ein weiteres unnötiges Mal, ob ich jetzt endlich fertig sei. Mit der Naehnadel zwischen den Zaehnen verneinte ich kopfschuettelnd ihre zarte Anfrage und wurde liebevoll mit einem "Boaaaah! Wann denn?" verabschiedet. Da glitt sie hin, die Koenigin ELSA in Kleinformat und stampfte singend Richtung Fernseher  über den Flur und hauchte dabei in zarten 74 Dezibel <<und ich fuehl mich wie neugeboren>>. 
Ich nicht, dachte ich noch einen Augenblick, da ging es auch munter weiter. 
Ich haette es ahnen muessen, jetzt kam auch mein Mann mal zu Wort und das hatte in der Regel schon was zu bedeuten. Der sonst eher verschlossene und in sich ruhende Ehegatte hatte die Pose eines griechischen Diskuswerfers eingenommen, dessen Aufprall auf dem sandigen Boden des Kolloseums kaum noch zu verhindern schien. In dem linken Arm unseren grabbelnden und sabbernden Sohn mit 13kg, dessen Speichelfluss sich langsam in langen Faeden meinem Korkboden naeherte, waehrend seine kurzen Aermchen immer noch nach meinen wohl gefalteten und farblich sortierten Stoeffchen angelten, zog meine griechische Gottheit mit der rechten Hand einen meiner kostbarsten Schaetze, ein schwer erkaempfter "Paulistoff" in kackgelb ganz unten liegend, ungefragt aus meinem heiligen Regal. Um das Gleichgewicht zu halten, streckte er sein linkes Bein in Richtung meines pinken Ikeastuhles aus und erhoffte sich wahrscheinlich in diesem Moment unfallfrei wieder in eine Adonishaltung zurueck zu gelangen. Schwer stoehnend gelang ihm dies auch. Allerdings musste er sich dabei an dem Regalrand festklammern und Zentimeter fuer Zentimeter nach oben kaempfen. Wohlgemerkt mit dem Paulistoff zwischen den Fingern eingeklemmt. Kritisch beaeugte ich sein kunstvolles Turnen an meinem Regal und sah Ansaetze einer Karriere als Gogo-Girl.  In Gedanken entwarf ich bereits ein glitzerndes Turnkostuemchen in Gruentoenen. Das breite Grinsen in meinem Gesicht sollte mir rasch vergehen. Aus dem Kinderzimmer hallte noch:>> Ich lass los, lass jetzt los, die Kraft, sie ist grenzenlos.>>
Da stand er nun vor mir, die maennliche 120 Kilo-Gottheit , mit knallrotem Kopf und sabbernden Kleinkind auf dem Arm und betrachtete schnaufend das erkaempfte Diebesgut genauer. Ich ahnte schon, dass mein Mann sich wohl weniger für die Falttechnik interessierte, als für die tatsaechlichen Maße. Warum auch. Vielleicht haetten die sauberen Handtuchberge im Trockner davon ja auch langfristig profitieren koennen. Weit gefehlt.
Und so kam es kurzerhand zu dem Satz: "Sag mal....das sind ja...ich hab das mal ueberschlagen....40...60...80..., oeh.200 Stoffe?" Es folgte noch ein kurzer Aufschrei meines Gatten und als haette mein sabbernder Sohn auch schon eine Meinung dazu, stieß mein Mann noch Laute aus, die klangen als haette er gesagt:"....und ach, guck mal einer an, die Mama, da hat sie unterm Tisch auch noch einen kleinen Stapel stehen...". Etwas verwirrt ueber das voellig unangebrachte Interesse meines Mannes, sang ich nun auch schon leise vor mir her:<<Es ist schon eigenartig, wie klein jetzt alles scheint...>> Die weitere Entwicklung lies sich im Folgenden nicht aufhalten und so kam es auch gleich folgerichtig zu der Ehegattenfrage: "was kostet so ein Stueck Stoff eigentlich?" Dabei ging seine Stimme am Ende des Satzes leicht nach oben und ich dachte: Gott bewahre, hoffentlich faengt er jetzt nicht auch noch an zu singen. Nicht noetig. Das uebernahm bereits erneut meine Kleinste in lieblichstem Gesang mit den Worten:<<Es ist Zeit, nun bin ich bereit! Und ein Sturm zieht auf...>>
Wie passend dachte ich und vermeldete meinem Mann, innerlich durch den Refrain meiner Tochter gestaerkt: "20Euro, im Schnitt, pro Meter!"
Es war ein guter Augenblick in den Gesang meiner Tochter einzusteigen, um sie in ihrem Selbstbewusstsein zu staerken und so sang ich lautstark mit ihr, den Arm hoch erhoben, die Faust siegessicher empor gestreckt:<<Mich zu kontrollier'n, ich hab' es versucht.>> und versuchte dabei meinem Mann gegenueber ein Verstaendnis abringendes Gesicht auf zu setzen. "Bist du jetzt endlich mit meinem ELSA-Kostuem fertig", klang es zeternd aus dem Muendchen meiner Tochter. Es war wie das Geraeusch einer Gabel, die auf einem Porzellanteller entlang kratzte und ich sah aus 2 Metern Entfernung die Gaensehaut auf dem Arm meines kreidebleichen Mannes. Und zum ersten Mal in seinem Vaterdasein konnte auch er sich ploetzlich an einen Satz aus dem Lied der Eiskoenigin erinnern und es klang als wenn er saenge:<<Der Wind, er heult so wie der Sturm ganz tief in mir. >>Diesen riskanten Augenblick machte ich mir zu nutzen und rief: "Elsaaaa, feeeertig".
Zum Glueck kam ELSA auch gleich angerannt und zog sich singend um. Unsere Drittgeborene erstrahlte in vollem Glanze, nahm ihren Papi an die Hand, der noch von den hochgerechneten Tatsachen betaeubt vor dem Regal stand und zog ihn hinter sich her, damit er ihr half, ihre Krone zu suchen. Dabei sang sie freudestrahlend <<Was ich wohl alles machen kann, die Kraft in mir treibt mich voran>>
Das dachte ich mir auch und sang ihr winkend hinterher: <<und ich schlag' die Türen zu>>
Einen Moment der Stille dachte ich darueber nach, wie wichtig es war Kinder zu haben und wie der Begriff "Ehegattensplitting" entstanden sein konnte. Dabei vernahm ich noch im Hintergrund das Lied aus dem Fernseher, welches wahrheitsgemäß über den Flur dahin floss:<< Was hinter mir liegt, ist vorbei. >> richtig, dachte ich, doch wie es in einer harmonischen Ehe so ist, hat der Mann das letzte Wort und so ertoente  noch kurz vor dem Verschwinden in dem toechterlichen Chaoszimmer aus dem Erdgeschoss die Stimme meines Mannes die Treppe hoch: "Ach ja Schatz, hier steht noch irgend so ein Paket im Flur von "Waldstuermer"....was ist denn das?!" Und ich denke: <<Ich bin freiiii>>>

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6 Kommentare:

  1. Pruuuuust. Ich habe das Ende schon geahnt! Die Eiskönigin und deren Lied kenne ich zwar nicht. Aber die kritischen Blicke. Mein Mann fragt zum Glück nie nach dem Preis. Und wenn er mal was sagt von wegen teuer und so, entgegne ich immer, dass dies mein Hobby ist und ich auch nicht seinen Weinkeller nach Anzahl Flaschen und Preis frage....
    Schön, auf Deinen Blog gefunden zu haben!
    Alles Gute
    Lieber Gruss, Sabine

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    1. Vielen Dank liebe Sabine, mein neuer Blog braucht noch etwas Zuspruch. Du bist die erste Kommentatorin. Danke dafür

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    2. Erste Kommentatorin, das ist ja schon mal was und freut mich natürlich! Ich warte also gespannt auf Deinen nächsten Beitrag.... weiter so und vielen Dank!
      Lieber Gruss, Sabine

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  2. Herrlich... ich hab mir das echt bildlich vorstellen können... ich kann nich mehr vor lachen ... mach weiter so !!!!

    LG Bella

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    1. Danke Bella. Text 3 ist in Vorbereitung. Erscheint vorauss. 1.Märzwoche...

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  3. Wieder so schön geschrieben! Ich sehe deinen Mann im grünen Tüte gerade vor mir...
    LG
    Karin

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